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Auf dem Bild ist eine Felswand zu sehen. Im unteren Bereich des Bildes ist ein Gewässer mit einem steiniges Ufer, wo mehrere Bäume stehen.

CEWE Fotoschule

Im Goldenen Schnitt fotografieren - und mittig!

Im zweiten Teil der neuen Fotoschule geht es um einen echten Klassiker der Bildgestaltung. Fotografieren im Goldenen Schnitt - und mittig!

Text & Fotos: Dr. Micha Pawlitzki

Schauen Sie sich mal Ihre Fotos durch: Wo haben Sie in Ihren Bildern das wichtigste Element platziert? Die Großeltern vor dem Fliederbusch zentral in der Mitte. Die Kinder leicht gequält lächelnd: zentral in der Mitte. Die alte Kirche, ein spannendes Auto, eine mondäne Jacht, ein modernes Museum - alles direkt in der Mitte?

Vielleicht haben Sie nur einen kleinen Anteil Ihrer Bilder alternativ arrangiert, und nur bei den wenigsten Bildern dürfte das Hauptmotiv in Richtung der Bildränder gewandert sein. Und das aus gutem Grund. Die meisten von uns sind darauf sozialisiert, die wichtigste Bildinformation in die Mitte eines Fotos zu setzen, bzw. beim Anschauen eines Motives sie dort zu suchen. Es scheint eine Gefahr zu lauern, das Foto durch eine ungewohnte Platzierung des Hauptmotivs zu entwerten.

Jedoch bieten sich über geschickte andere Platzierungen der Bildelemente starke Möglichkeiten, seine Fotografien interessanter und dynamischer wirken zu lassen. Weil die Platzierung der Elemente im Foto für dessen visuelle Wirkung mitentscheidend ist, stelle ich Ihnen die beiden wichtigsten Platzierungsmöglichkeiten in der Fotografie vor.

Der Klassiker in der Bildgestaltung ist der sogenannte Goldene Schnitt. Hier werden die Bildteile nicht zentral mittig angeordnet, sondern in einem ungleichen, aber harmonischen Verhältnis von Hauptelement und (Frei)flächen.

Dr. Micha Pawlitzki

Ich habe die Baumgruppe im Foto oben bewusst aus der Mitte und im Goldenen Schnitt etwas nach rechts unten platziert. So kann ich die Dramatik der überhängenden Felsen ins Bild nehmen und trotzdem bleibt das frische Laub der Bäume auffällig genug, um den Blick auf die Bäume zu lenken. Der umgebene Raum ist zwar deutlich strukturiert und auch farblich nicht gerade monoton, aber letztlich dominiert die grüne Baumgruppe das Foto.

Hauptelement variabel platzieren

Es ist ein Fels im Meer in der stürmischen Brandung zu sehen. Im Hintergrund die Küste zu erkennen. Am Himmel, welcher zwei Drittel des Fotos einnimmt, türmen sich Wolken auf.
Bei der fotografischen Anwendung des Goldenen Schnitts geht es nicht um exakte proportionale Bildaufteilungen, sondern um eine nichtmittige, aber für das Auge sehr harmonische Aufteilung.

Auch das zweite Motiv, den Felsen im wellenumtosten Meer, habe ich im Goldenen Schnitt angeordnet. Dieses Mal steht das Hauptobjekt in der linken unteren Bildhälfte und zieht auch über seine dunkle Farbe in einem ansonsten hellen Blick den Fokus auf sich. Letzlich ist es beim Goldenen Schnitt allerdings unerheblich, ob man sein Hauptelement nun links unten oder rechts oben oder an anderer Stelle platziert. Die Fotografierenden müssen nur darauf achten, dass die Gesamtkomposition nicht mittig ist, aber trotzdem ausbalanciert wirkt.

Mittig fotografieren

Auf dem Bild ist eine Steinformation in der Weißen Wüste zu sehen. Auf dem brauen Sandboden ist weißer Kalkstein zu sehen, der den Blick wie in Linien zur Steinformation führt. Der Himmel ist dunkelblau und bewölkt.
Bei diesem Motiv liegt der Fokus zu 100 Prozent auf der Steinformation in der Bildmitte. Nichts in der Umgebung lenkt ab, der dunkle Gewitterhimmel kontrastiert gut, aber trotzdem ruhig mit dem hellen Vordergrund.

Der Goldene Schnitt wird oft als die perfekte Kompositions-Regel betrachtet; dennoch spricht absolut nichts gegen eine mittige Platzierung - sofern kreativ mir ihr gearbeitet wird. Denn eine gut gemachte Zentrierung lenkt den Blick des Betrachters perfekt auf die wichtigen Bildelemente.

Wie beim dritten Bild: Diese ungewöhnliche Steinformation in der Weißen Wüste in Ägypten zieht wie magnetisch alle Aufmerksamkeit auf sich; mit der braunen, dickeren Linie führe ich den Blick zusätzlich auf das Hauptmotiv.

Mittig zu fotografieren heißt nicht, das Hauptelement auch in die absolute Bildmitte setzen zu müssen. Sie können - immer abhängig vom Gesamtmotiv - Ihr Hauptobjekt auf der vertikalen Achse frei nach oben oder unten verschieben. Extrem mittig arrangierten Bildern wird gelegentlich eine gewisse Statik und Langeweile nachgesagt. Sie können dann mit ganz feinen, kleinen Ablenkungen selbst einem perfekt zentrierten Bild eine neue Dynamik verleihen.

Kleine Ablenkung, große Wirkung

Auf dem Bild ist ein Gang einer Moschee zu sehen, die verzierte Glasscheiben hat. Im Hintergrund ist eine Frau zu sehen, die ein pinkfarbenes Kleid an hat.
Die Frau im pinkfarbenen Kleid dezentriert das gesamte Bild leicht und lenkt in dem eigentlich unruhigen Bild alle Aufmerksamkeit auf sich.

In meinem vierten Motiv fotografiere ich in einer Moschee in Abu Dhabi zentriert durch eine verzierte Glasscheibe in einen Säulengang hinein. Das Motiv ist schön, den eigentlichen Kick bekommt es für mich jedoch über die Frau im pinkfarbenen Kleid. Obwohl sie keine fünf Prozent der Gesamtfläche einnimmt, zieht sie den Blick auf sich und dezentriert so das eigentlich perfekte mittige Bild.

5 Tipps vom Foto-Profi:

1. Gitternetzlinien in der Kamera nutzen

Nutzen Sie für die Anwendung des Goldenen Schnittes Hilfslinien. Sie können im Sucher Ihrer Kamera in der Regel verschiedene Raster einblenden lassen, anhand derer Sie Ihre Bildgestaltung sehr einfach ausrichten können.

2. Bildregeln müssen nicht eingehalten werden

Bildregeln sollen eine Grundidee vorgeben. Sie müssen aber nicht sklavisch in ihren exakten Proportionen anwenden. Letzlich soll Ihr Bild ausgewogen wirken, und da sind leichte Abweichungen von der Regel oft gewinnbringend.

3. Motive in der Bildmitte können wirkungsvoll sein

Lassen Sie sich von selbsternannten Foto-Experten nicht einreden, dass Bilder langweilig aussehen, wenn Sie deren Hauptelemente in der Mitte platzieren. Entscheiden Sie, ob eine mittige Platzierung nicht wirkungsvoller sein kann als der gepriesene Goldene Schnitt.

4. Motive auf der vertikalen Mittelachse variieren

Es steht nirgends geschrieben, dass Sie bei einer mittigen Platzierung das Hauptelement auch genau in die Bildmitte setzen müssen. Verschieben Sie beim Fotografieren das Hauptelement auf der vertikalen Mittelachse von oben nach unten. Wo entfaltet es die beste Wirkung?

5. Kleine Ablenkungen können Motive verstärken

Manchmal kann ein allzu symmetrischer Bildaufbau auch langweilig anmuten. Kleine, dezentrierende Ablenkungen in der Bildgestaltung wirken dann sehr belebend.

Haben Sie schon den ersten Teil der CEWE Fotoschule gelesen? Dr. Micha Pawlitzki erklärt hier die Bildgestaltung mit Linien, Punkten und Flächen.

In den nächsten Teilen der Serie lesen Sie:

  • Framing: Einen Rahmen finden
  • Gestalten mit Licht

Fotografieren lernen mit der CEWE Fotoschule